Neues Deutschland
08.04.06
Was wusste, tat, verhinderte die Stasi?
Enttarnung, Verfolgung und Verurteilung von Nazis in der DDR - Fragen an Dieter Skiba und Wolfgang Schmidt
»Mythos Antifaschismus«? Soll die DDR nur halbherzig Nazi-Kriegsverbrecher verfolgt
haben, wie jüngste Buchpublikationen und TV-Sendungen
behaupten. Hat das MfS blutbefleckte Täter geschützt? Wurden nur dann Verfahren durchgeführt, wenn damit der BRD Schaden zugefügt werden konnte? Oder dienen solche Vorwürfe nur weiterer Delegitimierung,
Diskreditierung, Demontage der DDR? ND fragte nach. Mit dem Juristen Dieter Skiba, ehemals Leiter der Abteilung IX/11 im MfS und zuständig für dessen »Nazi-Archiv«, sowie dem
Kriminalisten Wolfgang Schmidt, einst Leiter der Auswertungs- und Kontrollgruppe
(AKG) für NS-Verbrechen in der Hauptabteilung XX, sprach
Karlen Vesper.
ND: »Wer Nazi ist, bestimmen wir«, soll die Stasi gesagt
haben?
Skiba: Es ist möglich, dass irgendwer das mal gesagt hat. Die prinzipielle Haltung des MfS und der DDR zu Nazis war eine andere. Nun muss man, wenn man über Nazis redet, erst einmal wissen, worüber man spricht. Heute werden Leute zu Nazis gemacht, die keine waren. Wie ehemalige Hitlerjungs, die als 18-Jährige in die NSDAP überwiesen wurden und oftmals davon nicht einmal Kenntnis erhielten. Ein Beispiel aus jüngerer Zeit ist der Schriftsteller Walter Jens. Die eigentlichen Nazis, Hitlers Führungseliten, die zum großen Teil in der BRD wieder zu Amt und Würden gekommen waren, aber sind keine Nazis gewesen. Sie mutierten zu Edeldemokraten, weil sie gebraucht wurden.
Wir wollen jetzt mal nicht über die BRD, sondern die DDR reden ...
Skiba: Man muss das historisch
sehen. Für die Entnazifizierung in Ost und West galten
einheitliche alliierte Bestimmungen, wie z.B. das Kontrollratsgesetz Nr. 10 und
die Kontrollratsdirektive Nr. 38. Darin war detailliert festgelegt, wer wie
einzustufen ist, wer als Täter zu gelten hat und
strafrechtlich zu verfolgen ist oder als Minderbelasteter bzw. Mitläufer ohne Sanktionen bleiben sollte. In der SBZ und später in der DDR ist danach verfahren worden. Der Amsterdamer
Rechtswissenschaftler Professor C. F. Rüter sagt, die DDR hatte
es bei der Verfolgung von Nazi- und Kriegsverbrechen einfacher als die BRD,
weil sie sich auf alliiertes und auf Völkerrecht berufen hat,
auf die Nürnberger Prinzipien.
Rüter sieht einen Unterschied auch darin,
dass die DDR die Sicht okkupierter Länder übernahm ...
Skiba: Dem schließen wir uns
an.
Hat man es sich damit nicht zu leicht
gemacht? Auch die Ostdeutschen gehörten zum Tätervolk.
Skiba: Kollektivschuld lehnten
wir ab. Man muss unterscheiden zwischen Mitläufern oder Leuten, die weggesehen
haben, nichts wissen wollten, und den Tätern. Dem Täter muss die strafbare
Handlung zweifelsfrei nachgewiesen werden! Wenn wir keine ausreichenden Beweise
hatten, konnten wir nichts machen. Der Schuldvorwurf ist an rechtliche
Grundlagen gebunden und nicht an Propagandadinger, wie sie heute vorgebracht werden.
Schmidt: Die DDR stand vor dem gleichen Problem wie die BRD. Sie ist
ja nicht aus dem Nichts entstanden. Sie musste genauso diese Masse der Bevölkerung,
die Mitläufer waren, integrieren. Und warum sollten Leute, die sich keiner
Verbrechen schuldig gemacht haben, nichteine Funktion
übernehmen?
Skiba: Typisches Beispiel ist
Tierparkdirektor Professor Heinrich Dathe, der seit
1928 Mitglied der NSDAP gewesen ist. Aber er hat keine Verbrechen begangen.
Nach 1990 wurde er plötzlich als Altnazi diffamiert. Differenzierung war und
ist notwendig. Unverständlich hingegen ist, dass 1967 in Hamburg ein Verfahren
gegen den SS-Offizier Arnold Strippel -verantwortlich
für den Mord an den Kindern vom Bullenhuser Damm, die
am 20. April 1945 an Fleischerhaken aufgehängt worden waren, nachdem man sie
zuvor zu »medizinischen Experimenten« missbraucht hatte - eingestellt wurde.
Staatsanwalt Helmuth Münzberg, nach 1990 übrigens Stellvertreter des
Generalstaatsanwalts in Mecklenburg-Vorpommern, meinte damals, es sei diesen
Kindern »über die Wegnahme ihres Lebens hinaus kein weiteres Übel zugefügt
worden«, sie hätten auch »nicht besonders lange körperlich und seelisch zu
leiden gehabt«.
Nach so einem Satz kann man eigentlich nicht weiterreden. Dennoch: Die IX/11 ist 1967 gegründet worden, nach der Präsentation von Albert Nordens »Braunbuch«. Prophylaktisch, um einen Bumerang-Effekt zu verhindern?
Schmidt: Vor allem war zu verhindern, dass Agenten westlicher Geheimdienste
in hohe Positionen eindringen können. Ein Teil der Sicherheitsüberprüfungen
betraf immer auch die Zeit des Faschismus, weil die BRD als Reaktion auf das »Braunbuch«
versuchte, uns in der DDR lebende »Nazis« vorzuhalten. Detlef Joseph hat sich
in seinem Buch »Nazis in der DDR« ausführlich damit befasst. Es gab z. B. einen
Politbürokandidaten namens Karl-Heinz Bartsch, Vorsitzender des
Landwirtschaftsrates und Mitglied des Präsidiums des Ministerrates. Als seine
von ihm verschwiegene Zugehörigkeit zur Waffen-SS aus westlichen Veröffentlichungen
bekannt wurde, ist er 1963 unverzüglich aus dem ZK ausgeschlossen worden und
ging seiner staatlichen Funktionen verlustig. Strafrechtlich belangt werden konnte
er nicht, weil Beweise für eine Teilnahme an Kriegsverbrechen oder Verbrechen
gegen die Menschlichkeit nicht vorlagen.
Sie
gestehen also...
Skiba: Wir haben gar nichts zu
gestehen, sondern sagen, wie es war!
Schmidt: Jeder Kriminalist wird
Ihnen bestätigen, dass man einen Verdacht beweisen muss. Das gelang auch uns
damals nicht immer. Z. B. nicht bei einer ganzen Reihe von ehemaligen Angehörigen
des Polizei-Bataillons 311, die in der DDR lebten. Außer ihrer Zugehörigkeit zu
dieser an Verbrechen beteiligten Formation konnten weitere strafrechtlich
relevante Beweise nicht erarbeitet werden.
Wie intensiv bemühten Sie sich um Beweise -
auch im Ausland?
Skiba: Eben das war unser größtes
Problem. Nirgendwo gab es einen geschlossen überlieferten Aktenbestand. Es gab
nicht so etwas wie die Bundesbehörde für Stasiunterlagen. Die Sowjets und die
Amis hatten eine ganze Reihe Naziakten gesichert, auch deutsche Antifaschisten
waren mit Bergung und Auswertung von Akten befasst. Aber auch Leute wie Herr
Gehlen sicherten sich Dokumente mit Herrschaftswissen. Er hat die gesamte
Kartei von Fremde Heere Ost mitgenommen. Die Amerikaner saßen auf einem
unwahrscheinlichen Aktenfonds, sowohl im Washingtoner Nationalarchiv wie auch
im Berliner Dokument Center. Es ist interessant, wie lange sich Bonn geweigert
hat, das Material des BDC zu übernehmen. Ein Trick? Wenn man nicht Eigentümer
der Akten ist, braucht man sie auch nicht auszuwerten.
Haben
Sie da mal angefragt?
Schmidt: Die Benutzungsbestimmungen sperrten den Bestand für die
Ostblockstaaten. Und es gab keinen Rechtshilfevertrag mit den USA. Wir haben es
aber mehrfach versucht, offiziell und konspirativ. Bestimmte Archivmaterialien,
die von den Amerikanern mikroverfilmt wurden, hat die
DDR-Archivverwaltung auch kommerziell erworben.
Ist es normal, dass ein Geheimdienst sich
mit NS-Verbrechen befasst? Abgesehen vom Mossad.
Skiba: Zunächst oblag auch in
der DDR die allgemeine Aufklärung von Nazi-und
Kriegsverbrechen der Kriminalpolizei. Das MfS trat dann in Aktion, wenn wegen
Staatsverbrechen oder Spionage ermittelt wurde und verfolgte Personen im
Verdacht standen, auch Nazi- und Kriegsverbrechen begangen zu haben. Die berühmt-berüchtigte
Erna Dorn war zunächst wegen Verdacht der Spionage für die Amerikaner ins
Blickfeld geraten. Oder der 1955 in Rostock wegen Kriegsverbrechen und
Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu lebenslänglicher Haft verurteilte
ehemalige leitende Gestapo-Mann, SS-Obersturmführer Friedrich-Karl Bauer, der
bei einer Bundesabwehrstelle untergekommen und damit befasst war, in der DDR
ein Agentennetz aufzubauen.
Als Anfang/Mitte der 60er Jahre die Debatte um die Verjährungsabsichten
der BRD auch international Gegenreaktionen auslöste, ist die Aufgabe dann
vollständig dem MfS übertragen worden, auch, um die komplizierter werdende
Aufklärung durch nachrichtendienstliche Mittel zu befördern.
Ist der Prozess gegen den KZ-Arzt Horst Fischer 1966 eine Reaktion auf den Auschwitz-Prozess in Frankfurt (Main) gewesen, der 1965 auch zur Enttäuschung des Initiators Fritz Bauer mit unbefriedigenden Urteilen endete? Wollte die DDR beweisen, dass sie konsequenter ist?
Skiba: Solch ein Quatsch wird
tatsachlich zur Zeit behauptet. Auf Fischer sind wir während
des Auschwitz-Prozesses gestoßen. Es bestanden damals intensive Kontakte
zwischen der Generalstaatsanwaltschaft der DDR und dem Generalstaatsanwalt von
Hessen. Die DDR sicherte zu, ihn vorbehaltlos zu unterstützen. Wie DDR-Staatsanwalt
Carlos Foth bekundet, sind in Gesprächen mit Bauer
auch Vorstellungen erörtert worden, ein gemeinsames Haus zu schaffen, wo West-
und Ostakten auf einen Tisch gepackt werden. Das ist aber dann von westlicher
Seite abgeblockt und auch von der DDR nicht gewollt worden. Nicht etwa, weil -
wie ein damaliger Bundesjustizminister behauptete - alles, was aus dem Osten
kam, gefälscht und kommunistische Propaganda war. Im Übrigen hat Foth zur Unterstützung von Bauer Original-Akten zu »Euthanasie«-Verbrechen
in der Hauptverhandlung vorgelegt.
Schmidt: Und laut Rüter sind in Ostdeutschland doppelt so viele »Euthanasie«-Ärzte
abgeurteilt worden wie in Westdeutschland. Der spektakuläre Prozess gegen die
Jenaer Professorin Rosemarie Albrecht ist 2005 zwar offiziell wegen
Verhandlungsunfähigkeit eingestellt worden, in Wahrheit hat man, wie wir in den
SOern, ihr nichts von den vorgeworfenen Anschuldigungen
beweisen können.
Wurde Rechtshilfe verweigert?
Skiba: Wir haben uns nie gesträubt,
Rechtshilfe zu leisten. Allerdings hat sich die DDR stets dagegen verwahrt, als
Amtshilfe in Anspruch genommen zu werden, die innerstaatlich üblich ist. Es gab
eine Weisung des Generalstaatsanwalts: Wir sind ein souveräner Staat, und wer
was von uns will, hat sich auf dem völkerrechtlich üblichen Weg an uns zu
wenden, kann nicht einfach irgendeinem Gericht oder einer Polizei-Dienststelle
Aufträge erteilen.
Hat
diese Position manche Aufklärung und Ahndung verhindert?
Skiba: Das ist die Preisfrage ...
Beispielsweise von in Frankreich begangenen
Verbrechen?
Skiba: Da gab es in der DDR
mindestens 17 Verfahren und nicht nur das gegen den Mörder von Oradour, Heinz Barth. Aber es gab mit NATO-Staaten keine
Rechtshilfeverträge, weil die BRD auf ihren Alleinvertretungsanspruch pochte.
Es gab z. B. eine harsche Note aus Bonn an die griechische Regierung, als ein
Rechtshilfeabkommen zwischen der DDR und Griechenland bereits paraphiert war.
Haben
Sie auch Serge und Beate Klarsfeld geholfen?
Skiba: Nicht direkt als MfS,
sondern über den Generalstaatsanwalt und das Dok.-Zentrum
der Staatlichen Archivverwaltung. Als die beiden Alois Brunner, rechte Hand von
Eichmann und wohl auch Resident des BND im Nahen Osten, unter dem Namen Altmann
in Damaskus aufgespürt zu haben glaubten, war unsere Idee: Wenn sie es
schaffen, ihn in eine Maschine zu setzen, die nach Berlin-Schönefeld fliegt,
wird er von uns am Flughafen verhaftet. Dann machen wir gegen ihn ein
Verfahren.
Auch der ehrenwerte DDR-Anwalt Günter Wieland
war erfolglos hinter Brunner her. Wieland war nicht immer
glücklich über die MfS-Hoheit bei der
Nazi-Jagd.
Skiba: Die HA IX/11 hat eng mit
ihm, dem für Nazi-Verbrechen zuständigen Mann bei der
DDR-Generalstaatsanwaltschaft, zusammen gearbeitet. Wieland war in Sachen
Rechtshilfe unser Auftraggeber und Empfänger der Ermittlungsergebnisse. Ja, wir
waren manchmal uneins, hauptsächlich nach 1990. Glaubte er doch der auch von
Simon Wiesenthal verbreiteten Behauptung, dass wir einen der
Hauptverantwortlichen für das Massaker an über 1000 Häftlingen in einer Feldscheune bei
Gardelegen in der DDR versteckt und geschützt hätten. Inzwischen ist bekannt,
dass jener unbehelligt in der BRD lebte und vor kurzem im Westen verstorben
ist.
Reagierten Sie auf Anfragen aus anderen
westlichen Staaten?
Ja, ob aus Australien, Amerika, Kanada oder sonst woher.
Beispielsweise zu dem Areis-Kommando, das in Lettland
gewütet hatte und dessen Angehörige überall verstreut lebten. Unser
Hauptadressat aber war die BRD. Ich erinnere mich an Materialien, die wir über
einen Major der Luftwaffe hatten und nach Hamburg schickten. Das
Ermittlungsverfahren dort wurde bald wieder eingestellt, weil Herr Luft
glaubhaft machen konnte, er habe zwar den Befehl gegeben, dass in Kriwoi Rog die Kohlengruben
gesprengt werden und die Männer erschossen werden sollen, aber die Ausführung
seinem Adjutanten übertragen. Nach Frankfurt (Main) lieferten wir Beweismittel
gegen einen Gestapo-Mann, der kurz vor dem Einzug der Amerikaner an der »Liquidierung«
von Häftlingen in Leipzig-Lindenthal beteiligt war.
Geliefert haben wir Material über den Gestapochef von Chemnitz, später Katowice, SS-Obersturmbannführer Thümmler,
der in Auschwitz »Gericht hielt« über polnische Widerstandskämpfer. Die
Ermittlungsverfahren wurden immer wieder eingestellt. Nach 1990 hat er »seine«,
Juden geraubten Kunstgegenstände von Chemniz zurückhaben
wollen. Fakt ist: Rechtshilfe ging mehr von Ost nach West als von West nach
Ost.
Warum? Nur ob der Ideologie?
Skiba: Auch weil die BRD auf
dem Standpunkt stand, Angaben über in der DDR lebende Verdächtige nicht
mitzuteilen, weil es bei uns noch lange Zeit die Todesstrafe gab, die nach dem
Grundgesetz rechtswidrig ist. Das können wir an einer Vielzahl von Verfahren
nachweisen. Beispielsweise bei dem letzten in der DDR verurteilten
Naziverbrecher Holz. Oder beim Verfahren gegen Josef Blösche,
den Henker vom Warschauer Ghetto. Ebenso bei dem in Frankreich in Abwesenheit
verurteilten Harald Heyns, alias Dr. Morath, der gegenwärtig als »Fall-Beispiel« für Schonung
vor Strafverfolgung durch die »Stasi« ins Feld geführt wird. Wir hatten in der
DDR für eine Anklageerhebung nicht ausreichend Beweismittel. Das gegen ihn in
der BRD anhängige Ermittlungsverfahren mit relevanten Beweisen wurde 1981
eingestellt, ohne dass die DDR über die Aktenlage gegen den hier Lebenden
informiert wurde. Die BRD-Justiz hätte nach 1990 das Verfahren wieder aufnehmen
können. Hat sie nicht, jetzt ist er gestorben.
Aber beim Thälmann-Mörder Erich Gust hat das MfS gedeckelt.
Schmidt: Dass der SS-Obersturmführer unter dem Namen Giese in der BRD
lebte, war dem Verfassungsschutz mindestens seit 1952 bekannt. Wahr ist, dass
dem MfS seit Ende der 60er Jahre bekannt war, dass er in Melle
bei Hannover ein Nobel-Restaurant mit Gästen aus der Polit-Prominenz betrieb.
Aber da die hier bekannt gewordenen Informationen über seine verschleierte
Identität ausschließlich inoffiziell erlangt wurden, waren sie nicht gerichtsverwertbar.
Hat das MfS wissentlich Nazis als IM
angeworben?
Schmidt: Da westliche Dienste ihre Spione aus Gestapo, SD, Abwehr etc. rekrutierten, hat das MfS natürlich auch versucht, in diesen Personenkreis einzudringen. Damit war aber Straffreiheit nicht garantiert, wenn es Beweise für Verbrechen gab.
Erpressung zur IM-Tätigkeit bestreiten Sie aber nicht.
Schmidt: Meinen Sie Havemann?
Meinte ich nicht, aber bitte ...
Schmidt: Warum er jetzt wieder als IM geoutet wird, ist seltsam.
Was wussten Sie über ihn?
Skiba: Wir stießen auf einen Berufungsbescheid zum »Abwehrbeauftragten des Chefs der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdienstes« am Kaiser-Wilhelm-lnstitut befand. Das erschien uns im Kontext mit anderen Fakten merkwürdig, da er der Gestapo doch ganz anders bekannt war. Da ist z.B. sein bereits vor 1933 bestehender Kontakt zu seiner späteren Ehefrau, die im Quartierbüro der Komintern gearbeitet hat. Bekannt war auch, dass er Verbindungen zur Widerstandsgruppe »Neu Beginnen« hatte, aus der viele Verfolgung ausgesetzt waren, nur er nicht. Und es gab eine »Volksgerichtshof«-Akte mit einem leeren Briefumschlag, »Geheime Reichssache«, nur von Freister persönlich zu öffnen. Der Inhalt war nicht mehr auffindbar. Und ...
Aber das ist doch alles widersinnig. Ausdruck der Hilflosigkeit gegenüber kritischen Geistern?
Schmidt: So sehen wir es heute. Wir fühlten uns allerdings schon damals nicht wohl dabei.