Lizenz zum Lügen
Am 06.08.2019 hat der Deutsche Presserat eine Beschwerde
gegen die „Super-Illu“ zurückgewiesen, die sich gegen
die in einem Sonderheft zum 30. Jahrestag des Mauerfalles aufgestellte infame
Behauptung gerichtet hat, das MfS habe 1986 in der Nähe der Wohnung von Jürgen
Fuchs in Westberlin eine Autobombe gezündet.
Nach Ansicht des Presserates liegt ein Verstoß gegen die
journalistische Sorgfaltspflicht nicht vor, da nicht nur der „Spiegel“, sondern
neben zahlreichen Medien auch die Bundesstiftung Aufarbeitung die Autobombe in
einen direkten Zusammenhang zu Jürgen Fuchs gebracht haben.
Quintessenz: Eine Lüge muss nur oft genug wiederholt
werden, um sie dann ohne Beanstandung immer wieder weiter verbreiten zu dürfen,
wobei zum Zwecke der Anti-DDR-Propaganda geschaffenen Einrichtungen anscheinend
ohnehin Sonderrechte bei der Verbreitung von Fake News eingeräumt werden.
Da in den letzten 30 Jahren unzählige Lügen gegen die DDR
und das MfS in die Welt gesetzt wurden, kommt es auf eine mehr oder weniger
nicht an. Wer sich trotzdem für die o.g. Beschwerde und die Antwort des
Presserates interessiert, kann beides hier nachlesen.
Wolfgang Schmidt Berlin,
6.6.2019
Deutscher Presserat
Postfach 100549 10565 Berlin
Beschwerde
Sehr geehrte Damen und Herren,
hiermit erhebe ich Beschwerde gegen eine
Darstellung der Super-lllu in ihrem zum 30. Jahrestag
des Mauerfalls erschienenen Sonderheft (im Handel seit 29.5.2019).
Auf Seite 102 rechts unten wird zu Jürgen Fuchs die infame
Behauptung aufgestellt:
dass „...die
Stasi...1986 sogar eine Autobombe in der Nähe seiner Wohnung zündete."
Ich sehe hierin einen groben Verstoß gegen Ziffer 2 des
Pressekodex, der fordert:
„...Unbestätigte Meldungen, Gerüchte oder Vermutungen sind als solche erkennbar zu machen"
und bitte um eine entsprechende Reaktion. Vorgeschichte
Im 2008 erschienenen MfS-Handbuch der BStU zur Hauptabteilung XX behauptet der Autor des Kapitels
zur Abteilung 5, Thomas Auerbach, im Zusammenhang mit der Bearbeitung von Jürgen Fuchs in einem Operativen Vorgang auf Seite
116/117: „Die „Mittel und
Methoden" reichten ....bis hin zu einem Bombenanschlag im Jahr 1996".
Als Beleg seiner Behauptung führt er in der Fußnote 96 an: „Der Spiegel" 49 (1991)
S. 104, Fuchs, Jürgen, „Landschaften der Lüge" Teil III"
Hier heißt es: „...Am 30. 10. 1986 explodieren im Kofferraum eines
Autos, geparkt vor einem Mietshaus in Berlin-Tempelhof (in dem auch unsere
Familie wohnt), fünf Werfergranaten.
Sie werden von Hand gezündet, sind nicht scharfgemacht, die
Sprengladung "verpufft". Autoteile fliegen übers Dach, eine ca. 30 Meter hohe Stichflamme ist zu
sehen. Lili Fuchs (damals 12 Jahre) ist mit ihrer Freundin in unmittelbarer Nähe der Explosion, nämlich auf dem Weg zum nahe gelegenen Briefkasten. Die Hausfassade wird beschädigt, die beiden Kinder geben eine Täterbeschreibung: Er flüchtete an ihnen vorbei
in eine Nebenstraße...."
Eine Anfrage per E-Mail an Thomas
Auerbach, ob er denn außer dem angeführten Spiegel-Artikel
weitere Belege für seine Behauptung habe, wurde von ihm
nicht beantwortet.
Zum Sachverhalt
Jürgen Fuchs wurde nach
seiner 1977 erfolgten Übersiedelung nach Westberlin im Rahmen der
Bearbeitung eines Operativen Vorgangs der Abteilung 5 der Hauptabteilung XX
wegen Verdachts der Feindtätigkeit gegen die DDR
intensiv überwacht.
Tatsächlich kam es zu einer
Explosion im Kofferraum eines in der Nähe seiner Wohnung
geparkten Pkw. Nach MfS-Erkenntnissen hat die Westberliner Polizei die Aufklärung dieses Vorfalles übernommen. Sie hatte
festgestellt, dass ein Bundeswehrangehöriger vorschriftswidrig
Sprengkörper in seinem Pkw transportiert hatte,
die nach Abstellen des Pkw infolge Selbstentzündung detoniert waren.
Die Ergebnisse der Ermittlungen der
Westberliner Polizei in dieser Sache müssen so eindeutig
gewesen sein, dass die Zentrale Ermittlungsstelle für Regierungs- und Vereinigungskriminalität (ZERV) nach 1990 darauf verzichtete, die für die operative Bearbeitung von Jürgen Fuchs in Westberlin zuständigen Mitarbeiter der Hauptabteilung XX des MfS dazu
auch nur zu befragen. Möglicherweise war die ZERV auch davon
informiert, dass es sich um eine von Jürgen Fuchs inszenierte Verleumdungsaktion
gehandelt hat, deren propagandistische Wirkung durch Nachforschungen mit
vorhersehbaren Ergebnissen nicht beeinträchtigt werden sollte.
Angesichts der äußerst dürftigen justiziablen Anschuldigungen gegen das MfS
nach 1990 wäre eine Anklage wegen eines
Sprengstoffanschlages einem Lotto-Gewinn gleichgekommen.
Die Anwendung von Terror wurde im MfS aus
grundsätzlichen Erwägungen heraus strikt
abgelehnt. Zu den bleibenden Verdiensten des MfS gehört es, die Bevölkerung der DDR - wie
auch ihre ausländischen Gäste - erfolgreich und
wirksam vor terroristischen Anschlägen, z.B. der in
Westberlin ansässigen „Kampfgruppe gegen Unmenschlichkeit" (KgU)
geschützt
zu haben.
Deutscher Presserat
Postfach 100549
10565 Berlin 06.08.2019
Herrn
Wolfgang Schmidt
Ihre Beschwerde vom 06.06.2019 ./. SUPERILLU
Sehr geehrter Herr Schmidt,
wir kommen zurück auf Ihre o. g. Beschwerde. Sie bitten um Prüfung, ob der
Beitrag unter der Überschrift „Die politisch Verfolgten",
erschienen in SUPERILLU Sonderheft Nr. 02/2019, gegen die publizistischen
Grundsätze des Deutschen Presserats verstößt.
Ihre Beschwerde ist im Vorverfahren gemäß § 5 der Beschwerdeordnung geprüft
worden. Der Deutsche Presserat kam danach zu der Auffassung, dass ein Verstoß
gegen den Pressekodex nicht vorliegt. Die Gründe hierfür möchten wir Ihnen
nachfolgend näher erläutern.
Im Rahmen eines Sonderheftes zum Thema „30 Jahre Mauerfall Das war die
DDR" informiert die Berichterstattung in Kurzgeschichten über das
Schicksal politisch Verfolgter DDR-Bürger. Ein Abschnitt befasst sich dabei mit
Jürgen Fuchs.
Sie tragen unter anderem vor, es werde die infame Behauptung aufgestellt,
dass „...die Stasi... 1986 sogar eine Autobombe in der Nähe seiner Wohnung
zündete". Sie sehen darin einen groben Verstoß gegen Ziffer 2 des
Pressekodex. Nach MfS-Erkenntnissen habe die Westberliner Polizei, die die
Aufklärung des Vorfalles übernommen habe, festgestellt, dass ein
Bundeswehrangehöriger vorschriftswidrig Sprengkörper in seinem Pkw
transportiert hatte, die infolge Selbstzündung detoniert seien. Die Anwendung
von Terror sei im MfS aus grundsätzlichen Erwägungen heraus strikt abgelehnt
worden.
Grundlage unserer Prüfung war die Ziffer 2* (Sorgfalt) des Pressekodex.
Unsere Recherche hat ergeben, dass nicht nur der von Ihnen erwähnte
Spiegel-Artikel die Autobombe in einen direkten - und nicht bloß zufällig
räumlichen - Zusammenhang zu Jürgen Fuchs bringt, sondern neben zahlreichen
Medien zum Beispiel auch die Bundesstiftung Aufarbeitung. Ziffer 2 des
Pressekodex verlangt von Redaktionen, zu veröffentlichende Informationen mit
der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt zu prüfen und wiederzugeben. Vor dem
geschilderten Hintergrund ist dies vorliegend geschehen. Es ist nicht
ersichtlich, dass die Beschwerdegegnerin den Sachverhalt trotz zahlreicher
gleichlautender Quellen hätte intensiver nachrecherchieren und zu einer anderen
Erkenntnis hätte kommen müssen.
Insgesamt konnten wir eine Verletzung der publizistischen Grundsätze daher
nicht feststellen.
Abschließend möchten wir uns für Ihre Beschwerde bedanken, die zu einer
kritischen Überprüfung der Berichterstattung Anlass gegeben hat.