Schlusswort von Wolfgang Schmidt am 27.09.2012 vor dem Amtsgericht Tiergarten
Sehr geehrte Frau Vorsitzende,
alles, was von meiner Seite in diesem Verfahren zu
sagen war, habe ich in meiner persönlichen Erklärung dargelegt, den Ausführungen
meines Verteidigers stimme ich vollinhaltlich zu und habe ihnen nichts
hinzuzufügen.
Im Übrigen darf ich Sie darauf hinweisen, dass mein
Rechtsstreit mit Herrn Dr. Knabe seinerzeit keineswegs nur zu dessen Gunsten
entschieden wurde. Das Kammergericht hat meinen Artikel mit der Überschrift „Volksverhetzer
vom Dienst: Hubertus Knabe“ als von der Meinungsfreiheit gedeckt angesehen. Sie
können ihn auch heute noch auf der von mir redigierten Internet-Seite
nachlesen.
Letztlich ist die alles entscheidende Frage in diesem
Verfahren doch: War Burianek ein Terrorist oder war
er es nicht?
Wenn er ein Terrorrist war, war er auch ein Bandit und
eine solche Bezeichnung ist dann auch keine Verunglimpfung!
Mein berechtigtes Interesse an der Auseinandersetzung mit dem
Rehabilitations-Urteil hat mit der Person Burianeks, mit
der ich keinerlei persönliche Beziehungen verbinde, nicht das Geringste zu tun.
Es ging mir ausschließlich um die Bewertung des Terrors gegen die DDR und die
Haltung zum Thema Terror insgesamt.
Es bleibt mir nur, an Sie, Frau Vorsitzende und an das
Gericht zu appellieren, sich die Tragweite des heutigen Urteils bewusst zu
machen und eine gerechte Entscheidung zu treffen, die auch die historische
Situation des Jahres 1952 korrekt bewertet.
Wenn es nach dem Willen der Staatsanwaltschaft geht,
sollen Sie heute per Gerichtsurteil verkünden, dass die DDR eine dem
Nazi-Regime vergleichbare Schreckensherrschaft war, zu deren Beseitigung jedes
Mittel gerechtfertigt war. Das bedeutet in der Konsequenz auch die Akzeptanz
von Terror zur Erreichung politischer Ziele.
Doch es geht noch um mehr. Es geht darum,
einen Präzedenzfall zu schaffen, um grundgesetzwidrig Meinungsäußerungen, die dem Delegitimierungsauftrag des früheren bundesdeutschen Justizministers
Kinkel entgegenstehen stehen, mit strafrechtlichen Mitteln zu unterdrücken.
Herr Kinkel hatte seinerzeit in einer Rede vor
den auf dem Deutschen Richtertag anwesenden
Richtern und Staatsanwälten zur Bewertung der DDR erklärt und gefordert: „Ich
baue auf die deutsche Justiz, Es muss gelingen, das SED-Regime zu delegitimieren, das … unter dem Deckmantel des
Marxismus-Leninismus einen Staat aufbaute, der in weiten Bereichen genauso
unmenschlich und schrecklich war wie das
faschistische Deutschland.“ (Deutsche Richterzeitung, 1992, S. 4)
Und es geht schließlich um die Unabhängigkeit der
Justiz gegenüber Weisungen aus dem Bereich der Politik.
Ich sehe Ihrem Urteil mit Spannung entgegen.