"W polje srenija Bonn", Nowy Logos, Moskau 2007
Vorwort zur russischen
Ausgabe des Buches
„Bonn im Blick“ von Werner
Großmann
Meine deutschen Freunde,
Gefährten im gemeinsamen Kampf auf dem Gebiet der Aufklärung haben mir angetragen,
ein Vorwort zu dem in Berlin erschienen Buch von Werner Großmann, dem letzten
Leiter der Hauptverwaltung Aufklärung des Ministeriums für Staatssicherheit der
DDR, zu schreiben.
Sehr gern entspreche ich
diesem Angebot, um diese Gelegenheit zu nutzen um erneut über mein Verhältnis
zum Autor des Buches und allen meinen Gleichgesinnten, den Aufklärern im MfS
der DDR zu sprechen.
Vorangestellt möchte ich
betonen, dass Werner Großmann ein sehr interessantes, inhaltsreiches und informatives Buch der Erinnerungen an die
Arbeit und den Kampf deutscher Aufklärer in solch einem verantwortungsvollen
und komplizierten Bereich wie der Verteidigung der Interessen des ersten
Staates der Werktätigen in Deutschland geschrieben hat.
Die Herausgabe des Buches in
Russisch ermöglicht es, einem breiten russischen Publikum sich von der Arbeit
unserer deutschen Kollegen bei der Verteidigung der Interessen der Deutschen
Demokratischen Republik, ihrer hohen Professionalität und vom tragischen Geschick
des ersten sozialistischen Staates in der Geschichte Deutschlands eine
Vorstellung zu machen.
Das Buch wird zweifellos auf
großes Interesse nicht nur bei ehemaligen und aktiven Mitarbeitern der
Geheimdienste stoßen sondern auch dort in der russischen Öffentlichkeit, wo das
Schicksal der DDR nicht gleichgültig ist. Schließlich geht es hier um ein der
Sowjetunion freundschaftlich verbundenes Land, um unseren treuen Verbündeten,
um die allseitige Zusammenarbeit und die brüderlichen Beziehungen zwischen unseren
Ländern. Diese Zusammenarbeit währte 40 Jahre und für ihre Zerstörung tragen in
erster Linie Gorbatschow und Co. die Verantwortung, die nicht nur die
Interessen der Sowjetunion verraten haben sondern auch die der anderen Staaten
der sozialistischen Gemeinschaft.
Ich hatte Gelegenheit, aktiv
an der Zusammenarbeit der sowjetischen Aufklärung mit der Aufklärung der DDR
mitzuwirken. Ich konnte mich vom hohen professionellen Niveau der deutschen
Kollegen bei der Lösung kompliziertester Aufgaben in der Zeit des „Kalten
Krieges“, der Auseinandersetzung zwischen den Kräften des Sozialismus und des
Kapitalismus, überzeugen.
Während der gesamten Zeit
seiner Tätigkeit im Bereich der Aufklärung (immerhin 38 Jahre!) erfüllte Werner
Großmann aufrecht seine Pflicht und stand treu zu unserer gemeinsamen Sache. Zu
keiner Zeit wich er zurück, wankte niemals und erwarb sich Achtung sowohl in
seiner Heimat als auch in der Sowjetunion und in den anderen sozialistischen
Ländern.
Werner Großmann erwies sich
als wahrer Freund der Sowjetunion und ist immer vor allem Patriot des deutschen
Volkes. Er glaubt an eine sozialistische Zukunft Deutschlands. Vor dem deutschen
Volk hat er sich in keinerlei Weise schuldig gemacht. Sein Gewissen ist rein.
Besonders interessant und
lehrreich ist das Buch dort, wo es sich mit der sozial-politischen Situation in
der Deutschen Demokratischen Republik, mit ihren Beziehungen mit
Westdeutschland, mit der Zerstörung der DDR, den Umständen und Gründen dafür
beschäftigt.
Nach dem Anschluss
Ostdeutschlands an Westdeutschland gerieten unsere deutschen Freunde in eine komplizierte
Situation. Es begann die Verfolgung der Mitarbeiter der Nachrichtendienste und
anderer Staatsorgane der DDR ausschließlich deshalb, weil sie als Bürger eines
souveränen Staates nach dessen Gesetzen handelten. Schließlich war ja die DDR
UNO-Mitglied und allgemein anerkanntes Mitglied der internationalen
Gemeinschaft. Verlust der Arbeit und der Mittel zur Existenz, Strafverfolgung,
Gerichtsverfahren, Haft, Psychoterror in den Massenmedien – all das erlitten
unsere deutschen Freunde, auch Werner Großmann persönlich. Unter diesen Umständen
bewahrte er Würde und erwarb sich dafür die Hochachtung seiner vielen Freunde.
Schuld dafür, dass die DDR
eine solche Tragödie ereilte, trägt der damalige Führer der Sowjetunion, M. Gorbatschow.
Dieser gab die DDR auf und verriet dieses Land, ohne einen Finger zu rühren, um
unsere deutschen Freunde in der DDR zu schützen. Gorbatschow wollte den
Anschein erwecken, er habe mit Helmut Kohl, dem Kanzler der BRD darüber gesprochen.
Letzterer habe ihm zugesichert, dass Vertreter der Staatsorgane der DDR nach
der Vereinigung mit Westdeutschland nicht verfolgt würden. Darauf angesprochen,
erwiderte Kohl jedoch, dass er sich an ein solches Gespräch nicht erinnern
könne. Kann man denn große Politik mit irgendwelchen persönlichen Gesprächen
machen, ohne dazu weder bevollmächtigt noch kompetent zu sein!
Die Veröffentlichung von
Werner Großmanns Buch „Bonn im Blick“ in russischer Sprache bezeugt die
Anerkennung, die der Autor bei seinen Freunden in Rußland genießt, ihre
Hochachtung und Dankbarkeit dafür, was der Leiter der Aufklärung der DDR und
das von ihm geführte Kollektiv für die Sowjetunion geleistet haben.
Dem Genossen Werner Großmann
wünsche ich alles erdenklich Gute: Gesundheit, neue Publikationen zur
Darstellung des Lebens in der Deutschen Demokratischen Republik. Ihre Geschichte,
all das, was vierzig Jahre Existenz der DDR bedeuten, gehören zum Erbe einer breiten
Weltöffentlichkeit.
Vielen Dank für Ihr Buch,
Genosse Werner Großmann!
W. Krjutschkow
Moskau, im Dezember 2006
Wladimir Krjutschkow war langjähriger Leiter der Auslandsaufklärung der
UdSSR (der ersten Hauptverwaltung – PGU - des KGB). 1988 wurde er Vorsitzender
des Komitees für Staatssicherheit der UdSSR und kam auch in das Politbüro der
KPdSU.